Biographiearbeit
ALEXA PRATLEY 


Warum Biographiearbeit?

Wenn am Ende unseres Lebens alles Materielle keinen Wert mehr hat, so bleibt doch ausnahmslos allen Menschen ihre Biographie. 

Wenn es etwas gibt in unserem Leben, worum alle ringen, dann ist es ein Platz, ein Ziel, ein Zustand, Glück, Begegnungen, Errungenschaften….daß wir unser Leben „bestmöglichst“ leben (was immer das auch heissen mag) - das ist Biographie.

Wenn es einen äusseren, sichtbaren Lebensweg gibt, dann gibt es auch einen inneren, unsichtbaren - beides zusammen ergibt unsere Biographie.

Wenn es etwas gibt, was alle Menschen auf dieser Erde besitzen auch wenn sie scheinbar nichts  besitzen, dann ist es ihre Biographie.

Wenn es etwas gibt, was uns niemand nehmen kann, dann ist es unsere Biographie.

Mensch und Biographie gehören unmittelbar zusammen. Es gibt aber zu jedem Menschen nur eine ganz bestimmte - seine - Biographie, sie ist einzigartig, so wie der Mensch selbst, sie macht ihn zum Individuum.

Schon allein deshalb ist unsere Biographie es eigentlich Wert, einmal näher betrachtet zu werden und dass man ihr Zeit und Aufmerksamkeit widmet.

Meistens ist es jedoch so, daß eine bestimmte Lebenssituation oder eine Frage/Suche einen Menschen zur Biographiearbeit führt. Oft ist diese eine sogenannte „(Lebens)Krise“. 

Wir können durch Biographiearbeit beginnen, eine „Freundschaft“ zu unserem Leben aufzubauen, zu entwickeln und zu pflegen, wie zu uns selbst. Und was ist das schönste einer guten Freundschaft? - doch, dass man versteht und sich verstanden fühlt! So kann man Biographiearbeit (auf Grundlage der Anthroposophie) als einen Versuch verstehen, durch Anhörung und Betrachtung der Phänomene , ein Verständnis für das eigene Leben und auch für das Leben anderer, zu bekommen - ohne zu interpretieren oder zu urteilen - und hierdurch Wege (aus der Krise) in die Zukunft zu erkennen, zu gestalten und zu gehen - das Leben in die Hand zu nehmen


Was ist Biographiearbeit?

Man kann Biographiearbeit mit folgendem Bild beschreiben:

Man setze das Leben einem Fluss gleich, aus dem man in einem bestimmten Moment aussteigt. Man klettert sodann auf einen Berg, um den „Lebensfluss“ in seinem gesamten Verlauf aus dieser Entfernung zu betrachten

Wo ist er entsprungen? 

Wie waren die Landschaften, durch die er geflossen ist - hügelig, felsig, fruchtbar, karg, trocken,….? 

Was stand am Ufer? 

Wie waren die Stimmungen am Himmel? 

Was war auf dem Grund des Flusses, gab es Pflanzen, Fische, Steine? 

Wie war an welcher Stelle der Fluss, wo war er breit, wo war er ein kleiner Bach nur? 

War er bewegt, rauschend, ruhig, plätschernd…..? 

Usw. 

Wie bin ich eigentlich dahin gekommen, wo ich jetzt stehe?

Wenn wir auf diese Weise aus der Vielfalt unserer individuellen Erfahrungen und Erlebnisse Zusammenhänge und Bedeutungen erkennen lernen, können wir beginnen, so manche Herausforderung oder auch so manchen Lernprozess, den uns das Leben gestellt hat, zu begreifen und anzunehmen. Bisher als sinnlos erscheinende Ereignisse oder Erfahrungen können durch die Betrachtung der Gesamtbiographie mit einem Mal Sinnvolles erhalten. Von da an können wir unser Leben bewusster in die Hand nehmen und konkrete Zielarbeit für die Zukunft leisten.

In den Biographien zeigen sich unterschiedliche universelle aber auch ganz individuelle Rhythmen, in denen bestimmte Ereignisse o.Ä. stattfinden. Wir nehmen den Siebener-Rhythmus als Lebensabschnittseinheit, an dem wir uns erst einmal entlang bewegen (0 - 7, 7 - 14, 14 - 21, 21 - 28,….). 

Zu jedem Jahrsiebt gibt es vorbereitende Fragen, die der Erinnerungsarbeit einen gewissen Rahmen und Hilfen geben.

In der Biographiearbeit auf Grundlage der Anthroposophie ist die Vorgehensweise eine Phänomenologische, d.h. wir betrachten die Phänomene und lassen diese für sich „sprechen“ ohne zu interpretieren oder zu urteilen.

Die Biographieberaterin nimmt eine wertschätzende, empathische , freilassende Haltung ein und trägt dazu bei, dass sich, durch das Gespräch, ein kreativer Prozess einstellen kann. 

Künstlerische Übungen können hinzugenommen werden und helfen, innere Erlebnisse z.B.: durch Farbe und Form auf die Empfindungsebene zu bringen und auszudrücken.

Biographiearbeit ist keine Therapie, jedoch werden ihre Auswirkungen oft als hilfreich, belebend und verändernd erlebt.

Biographiearbeit setzt Eigenverantwortung voraus.

 



English version:


Why do Biography Work?


When at the end of life all that is material/physical does not seem to be valuable or important anymore, that which is left is certainly our Biography.

If there is something for what we all struggle, then this is a place, an aim, a state, happiness, encounters, achievements,...for a "best lived life" - whatever that may mean - that is Biography.

If there is such as an external/outer, visible Biography then there surely is also an internal/invisible Life-path - together they make our Biography.

If there is anything that all humans on this earth own - even if they seem to not own anything - then it is their Biography.

If there is something that no one can ever take from you - then it is your Biography.

A human and Biography belong together, are inseparable but there is only one specific Biography to every person - it is her/his Biography which is unique just as the person is, it makes her/him an individual.

This alone actually makes a Biography worth looking at, in fact fascinating to look at. But often what leads a person to Biographical Counseling is a question or an incident, a certain situation that we may call a "life-crisis".

Through Biography Work we can begin to create, develop and look after a "freindship" with our lives just like with ourselves. And what is the most beautiful within a friendship? Is it not that one can understand and feel understood? That we can somehow stand more fully in who we are because we are accepted as we are. So Biography Work based on Anthroposophy can be understood as an approach towards an understanding and accepting of one's own life and the lives of others through looking, listening and contemplating the phenomena just as they are without judging, analyzing or interpreting. By doing so we can perceive newly and make steps into the future. We can stand more fully in and have a hand in consciously co-creating our lives.


What is Biography work/Biographical Counseling?

One could describe Biography work with the following picture:

if you take life as a river then you step out of this river and climb up onto a mountain or a hill and look down onto the "life-river"(Life-path) from this distance and see what you can see: 

Where did it emerge from?

How were the landscapes where through this river flowed? - were there hills, was it dry, fruitful, bare,...?

What was at the sides?

How were the atmospheres in the sky?

What was on the ground of the river - were there fish, plants, stones,...?

How was the river in the different parts, where was it wide, where was it only a small, narrow stream,...?

Was it raging, dashing or was it calm, peaceful...?



And so on....
How did I actually get to where I am right now?

We may never fully know the answer to this but it is a fascinating exploration.
If in this way we are able to perceive connections and meanings amongst the many individual experiences and happenings then we can start to understand and accept certain challenges and learning-processes that life has offered to us.
Suddenly experiences and events that up till now were meaningless to us can gain meaning through looking at our Life-path as a whole. From then onwards we can take life into our own hands and develop realistic aims for the future.

In every Biography there show up universal as well as individual rhythms where certain things happen. We start with the 7-year-rythm with which we go along our Life-path (0 -7, 7 - 14, 14 - 21, 21 - 28,....).

For every 7-year-rythm there are helpful questions to stimulate the memory-work and give a certain frame. In Biography-work based on Anthroposophy we contemplate the phenomena and let these "speak" without interpreting/analysing or judging.